Schulwesen

Die Geschichte der evangelischen Volksschule und Ihrer Vorgängerin, der "Westfälischen Erziehungsanstalt für arme Kinder und Waisen" von 1882

Noch ehe die Mehrzahl der Gleidorfer Schulkinder am Ort selbst Unterricht erhielt, entstand hier eine schulische Einrichtung der Evangelischen Kirche - die Evangelische Erziehungs- und Waisenanstalt im Jahre 1882. Bestünde sie noch heute, dann hätte sie am 28. Oktober 1982 ihr 100-jähriges Bestehen feiern können. Dieses ehrwürdige Alter gebietet es, der Geschichte der Evangelischen Schule Gleidorfs den Vortritt vor der Katholischen Schule zu geben und ihr ein eigenes Kapital zu widmen.

Die Geschichte der Evangelischen Volksschule sowie deren Vorgängerin, der Westfälischen Erziehungsanstalt für arme Kinder und Waisen, ist eng mit der Entstehung der Evangelischen Kirchengemeinde Gleidorfs verbunden, ja ein wichtiger Bestandteil derselben. Das Kurkölnische Sauerland war nach den Wirren der Reformationszeit katholisch geblieben. Im Gegensatz dazu war das Fürstentum Wittgenstein jenseits des Rothaargebirges evangelisch geworden. Viele Jahrhunderte bildete der Gebirgskamm auch eine starre Konfessionsgrenze. Erst zu Beginnn des 19. Jahrhunderts, mit Beginn einer gewissen Industrialisierung , begann eine leichte Verschiebung und Auflockerung dieser Grenze. Katholiken zogen ins Wittgensteinische, und Anhänger der Reformation begannen auch an Lenne und Gleier Fuß zu fassen. Im Jahr 1806 soll der erste Evangelische, Johann Jobst Richstein aus Richstein, einem kleinen Dörfchen in Wittgenstein nach Gleidorf gezogen sein. Bald kamen noch andere Glaubensgenossen hinzu, die im Gleidorfer Eisenhammer Beschäftigung fanden. Eine evangelische Kirche war nicht in der Nähe. Wollten sie jedoch einem öffentlichen Gottesdienst ihres Glaubens beiwohnen, so mußten sie schon nach Wingeshausen oder Girkhausen fahren. Berücksichtigt man aber die Entfernung und die damaligen Verkehrsverhältnisse, dann braucht es einen wenig zu wundern, dass nur selten an hohen Feiertagen ein Kirchenbesuch erfolgte. Einige wollten in der katholischen Umgebung nicht als müßige Kirchengänger erscheinen und und besuchten die benachbarte katholische Kirche. Das führte schließlich oft zum völligen Übertritt zur anderen Konfession. (Ähnliche Folgen zeigen sich wohl immer in entsprechenden Diasporasituationen bei beiden Konfessionen). Daher bedeutete es für die kleine Schar evangelischer Christen schon einen enormen Fortschrift, als in Langewiese auf dem Rothaarkamm eine evangelische Pfarre entstand und dieser auch die Betreuung der Minderheit in Gleidorf und Umgebung auferlegt wurde. Der evangelische Pastor kam nur in unregelmäßigen Abständen nach Gleidorf und hielt zunächst in wenig einladenden Räumlichkeiten einer Wollfabrik und dann in der im Jahre 1872 erbauten kleinen Kirche den Gottesdienst ab.

Nachdem die Gemeinde ihr Gotteshaus erhalten hatte, steuerte sie in den folgenden Jahren zwei weitere Ziele an: einen eigenen Geistlichen und eine eigene Schule. Langewiese war in jenen Jahren im Winter oft wochenlang durch Schneeverwehungen für die Gleidorfer unerreichbar. Die Seelsorge konnte daher nur unvollkommen sein. Zudem war die Anzahl der evangelischen Christen gestiegen und ein Verzeichnis aus dem Jahr 1882 weist über 40 schulpflichtige Kinder aus rein evangelischen Familien in Gleidorf und Umgebung aus. Da aber die Evangelischen in der Diaspora nicht aus eigenen Mitteln eine Schule gründen konnten und und die Königliche Regierung zu Arnsberg nicht glaubte, beitragen zu dürfen, eine Schule evangelischer Konfession am Ort zu errichten, gründete Herr Direktor Engelbert der Diakonie Duisburg am 28. Oktober 1882 eine westfälische Erziehungsanstalt für arme Kinder in Gleidorf. Diese Anstaltsschule wurde zugleich Gemeindeschule für die evangelischenKinder in Gleidorf und Umgebung und der Hausvater der Anstalt, Herr Lehrer Hartmann Peter, der erste Lehrer der Gemeinde.

Die Zahl der Anstaltszöglinge stieg sehr bald auf 15, nach einem Erweiterungsbau auf 36. Die Zahl der Gemeindeschulmitglieder betrug bei der Eröffnung 22. Im gleichen Jahre bat der Superintendent Winkel den Direktor in Duisburg, einen Bruder der Anstalt nach hier zu senden, der imstande sei, einen Gottesdienst zu halten und die heranwachsende Jugend in der Religion zu unterrichten. Es ward dazu Bruder Jahnfrüchte bestimmt. Dieser stammte aus dem Tecklenburgischen und war als Evangelist in Brasilien tätig gewesen. Er wirkte in Gleidorf 5 Jahre. Somit waren die beiden gesteckten Ziele fast erreicht. Die Gemeinde wuchs auch zahlenmäßig weiter. Durch den Bahnbau im Jahr 1888, durch die Einrichtung eines Katasteramtes in Fredeburg, durch die Post wurde die Zahl der Evangelischen durch Zuzug evangelischer Beamten vermehrt. Im gleichen Jahre gewährte die Königliche Regierung der Anstaltsschule alle Rechte einer öffentlichen Volksschule. 9 Jahre später, am 1. Oktober 1897, wurde durch Verfügung des Konsortiums die Diasporagemeinde Gleidorf zur Pfarrei erhoben und der Hilfsprediger Knigge als erster Pfarrer bestimmt. Er wirkte bis 1906 in Gleidorf und ließ sich dann nach Lengerich versetzen. Ihm folgte im Amt Pastor Luhmann, der mehr als 25 Jahre in Gleidorf wirken sollte.

Die schulische Entwicklung der Anstaltsschule verlief ruhig bis zum Jahr 1911. Inzwischen waren die Gebäude der Schule mehr und mehr schadhaft geworden und drängten die Frage eines Neubaues auf. Die Direktion Duisburg konnte sich nicht entschließen, für das alte Gebäude ein neues Erziehungshaus zu gründen. Andererseits war sie vertraglich verpflichtet, das  evangelische Schulwesen in Gleidorf zu unterhalten. Jahrelange Verhandlungen kamen 1911 zum Abschluß. Dank der Bemühungen der Regierung in Arnsberg war es gelungen, von dieser vertraglichen Regelung loszukommen, wenn die Anstalt der Gemeinde Gleidorf ein neues Schulgebäude errichtete. Mit dem Ausschachten dieses Gebäude wurde im April 1912 begonnen und am 21. Oktober 1915 konnte die neue, schöne Schule eingeweiht werden. Dabei war zunächst vorgesehen gewesen, das neue Schulgebäude westlich der heutigen evangelischen Kirche, also in Richtung Schmallenberg, zu errichten. Das in Aussicht genommene Grundstück wurde aber vom Regierungsbaumeister König in Arnsberg bemängelt und schließlich der jetzige Bauplatz an der Bahnhofstraße ausgesucht. Das neue Schulgebäude, das heute noch den Kern der Schulanlage bildet, enthielt einen Schulsaal mit den Maßen 9,10m mal 5,75m und war für 50-60 Kinder (!) berechnet. Die darüber befindliche Lehrerwohnung hatte 6 Räume. Die Gesamtlänge des Schulgebäudes wurde mit 12,25m und die Gesamtbreite mit 10m angegeben. Im Westen bildeten 3 Bögen eine offene Eingangshalle, über der sich eine verglaste Veranda der Lehrerwohnung befand. 1936 wurde hinter dem Schulgebäude noch eine Scheune errichtet und die 3 offenen Bögen der Westseite mit Fenstern geschlossen. Alles in allem bot das neue Schulhaus in Gleidorf sich in Aussehen und Größe als stattlicher Bau dar, um das die evangelische Gemeinde beneidet werden konnte.

Am 12. Oktober 1915 bezog der Lehrer Peter die neue Dienstwohnung und übernahm gleichzeitig die Benutzung der zugehörigen Grundstücke. Immerhin hatte das Grundstück einschließlich Bauten, Schulplatz, Garten und Wiese eine Größe von 25,85 ar. Gut 4 Jahre sollte sich Lehrer Peter noch an dem neuen Schulhaus freuen, als er im Februar 1920 plötzlich erkrankte und im März desselben Jahres verstarb. Er fand auf dem hiesigen Friedhof seine letzte Ruhestätte. Einen Monat vertrat Pastor Luhmann den Verstorbenen. Dann besetzte die zuständige Kreisschulinspektion in Soest auf Veranlassung der Regierung zu Arnsberg die vakante Schulstelle in Gleidorf mit der Person des aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassenen Lehrers Emil Kortmann, der aus Neu-asseln bei Dortmund stammte. Lehrer Kortmann blieb 17 Jahre in Gleidorf. 1920 wurde die hiesige Schule von der Kreisschulinspektion Soest-Lippstadt entbunden und Arnsberg-Brilon-Meschede unterstellt. Erstmalig wurde an jeder Schule eine Elternrat gebildet. 1922 gründete man einen evangelischen Elternbund, der die Instanz sein sollte, welche eine christliche Erziehung der Kinder gewährleisten sollte. Es folgten im Jsahre 1923 die Geldentwertung und die Inflation. 1927 baute man in Gleidorf eine Turnhalle. Sie wurde am Sonntag, dem 21. August eingeweiht. Hierzu schrieb Lehrer Kortmann in der Schulchronik:

"Nachdem im Kriege die Esfeldsche Wirtschaft abgebrannt war, konnte der Turnverein Gleidorf im Winter seinen Übungen nicht mehr nachgehen. Endlich gelingt es ihm, nach fehlgeschlagenen Verhandlungen mit dem hiesigen Schützenverein, auf dem Roten Hagen von Landwirt Grobe aus Winkhausen ein Grundstück zu erwerben. In den Herbstferien 1926 wird die Turnhalle fertiggestellt. ... Die Halle hat eine Länge von 18 m und eine Breite von 12 m. Außer Turnen wird sie auch zu anderen Festlichkeiten."

Bald warfen auch in Gleidorf die Zeichen des Hitler-Reiches ihre Schatten. Das Jahr 1933 wurde als das Jahr der "nationalen Erhebung" herausgestrichen. Obwohl Gleidorf bei den Reichtagswahlen am 5. März 1933 nur 115 für die NSDAP, aber 212 Stimmen für das Zentrum abgab, wurde in Gleidorf schulfrei gegeben, "weil im Reiche die NSDAP mit 228 Sitzen die Mehrheit über die 'marxistische Front' hat."

Unter dem Datum des 12. März 1933 heißt es in der Chronik:

"Am Volkstrauertag, dem 12. März, wird zum erstenmal in den alten Farben schwarz-weiß-rot geflaggt. Die Schule nimmt aus der Fahne des marxistischen Reiches den gelben Streifen heraus und kauft zum Anfertigen der neuen Fahne weißes Tuch. Am 13. März wird durch das Amt die Hakenkreuzfahne, die Fahne der nationalen Erhebung, gebracht und in den neuen Reichsfahnen am 13., 14. und 15. März geflaggt, aus Freude darüber, das Deutschland jetzt wieder eine nationale Regierung hat."

Es folgten dann die Eintragungen mit den bekannten Schlagworten des Dritten Reiches: Winterhilfswerk, Arbeitsdienst, Allgemeine Wehrpflicht... Die Eintragungen in der Schulchronik der evangelischen Schule über die Jahre 1933 - 1945 sind umfangreicher und ausführlicher als die entsprechenden Bemerkungen in der Chronik der katholischen Volksschule -  weshalb und wieso? Hier mögen persönliche Überzeugungen der entsprechenden Lehrkräfte zugrunde liegen; darüber zu befinden und zu urteilen steht mir nicht zu. Fest steht, daß alle aktiven Lehrer in jenen Jahren Mitglied der NSDAP oder ihrer Gliederungen sein mußten. Alle bekamen ihre Anweisungen und Stoffpläne vom Unterrichtsministerium des Reiches zugeteilt. "DER NATIONAL-SOZIALISTISCHE ERZIEHER" wurden allen Mitgliedern des "National-sozialistischen Lehrerbundes" (NSLB) wöchentlich zugestellt - im Pflichtbezug - wie es auf der Kopfleiste heißt. Selbst unsere Heimatdichterin Christine Koch mußte im Propaganda-Blatt der Partei für die Ideen der NS-Ideologie dienen. Der Entwurf eines Lehrplanes zum Staats-Jugendtag bedarf keines Kommentares für den, der sich einigermaßen mit dem Gedankengut der braunen Diktatur auseinandergesetzt hat.

Zum 1.5.1937 ließ sich Lehrer Kortmann auf eigenen Antrag nach Sigmaringen-Hohenzollern versetzen. Von Mai 1937 bis Mai 1938 war dann Lehrer Middelhauve an der Evangelischen Schule vertretungsweise tätig. Nach ihm leitete Fräulein Wippermann bis zum 1.5.39 die Schule. Danach wurden die Evangelische Schule Gleidorf mit der Katholischen Volksschule Gleidorf zur Gemeinschaftsschule Gleidorf zusammengelegt. Leiter dieser Schule wurde der Hauptlehrer Herrmann, der die Dienstwohnung in der Evangelischen Schule bewohnte. Die Unterstufe und die Mittelstufe wurden im Gebäude der Katholischen Schule unterrichtet, die Oberstufe in der Evangelischen Schule. Mit dieser Einteilung fand auch ein Austausch von Bänken und Lehr- und Lernmitteln beider Schulen statt.


Die evangelische Schule 1945 bis zur Schliessung 1970

1945 trieb alles seinem Ende zu. Die Lehrpersonen wurden nach Kriegsschluß wegen ihrer Zugehörigkeit zur Partei ihres Amtes enthoben, Schulbücher, Landkarten und Anschauungsbilder auf Befehl der Militärbehörde abgeliefert und größtenteils eingestampft. Der Unterricht fiel bis Mitte Juli 1945 ganz aus.

Nach Vertretungsunterricht von Lehrer Dörendahl und der evangelischen Schulhelferin Fräulein Kittel kam es 1946 nach dem Willen der Elternschaft in Gleidorf zur Einrichtung von zwei selbständigen Konfessionsschulen. Durch Beschluß der Gemeindevertretung Grafschaft wurde dieser Entscheid am 05. März 1947 sanktioniert.

Für Schüler und Lehrer war es zunächst schwer, sich wieder auf eine einklassige Schule umzustellen. Lehr- und Lernmittel fehlten fast vollständig. Selbst in den oberen Jahrgängen wurde auf der Tafel, auf Zeitungspapier, alten Aktendeckeln etc. geschrieben. Bücher wurden oft nur von vier Kindern gemeinsam benutzt. die nun wieder zur Verfügung stehende Schulleiterstelle an der 'Evangelischen Volksschule Gleidorf' wurde am 15.7.1946 durch Herrn Hauptlehrer Flore, geb. am 04.06.1902 in Berlin, besetzt. Fast 15 Jahre wirkte Herr Flore in Gleidorf, bis er zum 1.1.61 als Rektor nach Attendorn versetzt wurde. Während seiner Lehrtätigkeit in Gleidorf wurde 1956 der Umbau des Schulgebäudes durchgeführt. Auf der Schulausschuß-Sitzung am 19. März 1956 wurde der Beginn des Umbaues bekannt gegeben, und im Mai begann die Firma Spies mit den Bauarbeiten. Der regenreiche Sommer ließ die Bauarbeiten nur langsam voranschreiten. als der Durchbruch zwischen Altbau und Neubau anstand, mußten Lehrer und Schüler in Behelfsräume und Werkraum der katholischen Schule ausweichen. "Trotz Notunterkunft machte es ihnen, Lehrer und Kindern, auch dank der vorbildlichen harmonischen Zusammenarbeit mit dem kath. Kollegium, einschliesslich dreier Praktikantinnen von der PH Paderborn, viel Freude" - vermerkte der Chronist. Am 9. Jan. 1957 konnte die erweiterte Schule bezogen werden. Für die lange Wartezeit wurden Lehrer und Schüler durch eine großzügig, modern gestaltetes Gebäude entschädigt. Nun besaß die evangelische Schule in Gleidorf neben dem großen Klassenraum einen großen Gruppenraum, der durch Abmauern des früheren Eingangsbereiches gewonnen wurde. Der Eingang der Schule wurde an die Ostseite verlegt. Man gewann einen großen Pausenraum und ein kleines Lehrerzimmer, sowie neue moderne Toilettenanlagen.

Da die Schülerzahl von Jahr zu Jahr weiter anstieg, mußte die Klasse geteilt und Schichtunterricht eingerichtet werden. Am 13.3.1959 beantragte der Schulverband die Einrichtung einer zweiten Schulstelle, damit ein geordneter Schulbetrieb auch in Zukunft gewährleistet sei. Zum 1.1.1961 wurde, wie bereits angegeben, Herr Flore nach Attendorn versetzt. Seine nahm einige Monate später Lehrer Gerhard Eibach ein, der von einer Gemeinschaftsschule aus Bochum kam. Ostern 1961 konnte Herr Eibach 5 Kinder aus der Schule entlassen und 8 neu aufnehmen. Die Klasse hatte jetzt 49 Kinder. Er berichtet auf Seite 169 der alten Schulchronik:

"Das Jahr 1961 brachte auch die Erfüllung eines großen Wunsches der Schulgemeinde: im nächsten Jahr wird nun endgültig ein weiterer Klassenraum angebaut. Auf Grund einer neuen Ausführungsbestimmung vom 1.4.1961 zum Schul-Finanzgesetz besteht seit dem 1.4.d.J. an der evangelischen Schule in Gleidorf die 2. Lehrerstelle. Als Endziel wurde von der Regierung die 3-klassige Schule festgelegt.... Im ersten Bauabschnitt sollen ausgeführt werden: 1 weiterer Klassenraum mit Gruppenraum, 1 Werkraum im Sockelgeschoß, 1 Lehrmittelzimmer. Der Anbau erfolgt in den Garten hinein (16m)... vorraussichtliche Kosten 143.000,-- DM."

Optimistisch begann Lehrer Eibach auch eine neue Schulchronik. Sie beginnt mit dem Satz: "Diese Chronik beginnt mit einem für unsere Schule wichtigen Ereignis. Heute begannen die Ausschachtungen für den Erweiterungsbau." (16. Juni 1962)

Der Erweiterungsbau wurde vom Architekten Johannes Wiesemann aus Fredeburg entworfen und von der Firma Köster aus Schmallenberg ausgeführt. Im September 1963 wurden die neuen Klassenräume bezogen und am 17. Dez. feierlich eingeweiht. Pastor Streetz ermahnte die Kinder, die Tür des Verstandes weit zu öffnen. Unter Bezugnahme auf das Wort "An Gottes Segen ist alles gelegen", sprach er aber auch den Wunsch aus, die Tore des Herzens für Gottes Wort zu öffen. Lehrer Eibach berichtete aus der Geschichte der Schule, die ja immer eng mit der Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Gleidorf verbunden war.

Nun waren alle Voraussetzungen baulicher Art geschaffen, und man hätte für viele Jahrzehnte gute Schularbeit in diesem neuen Hause erwarten können. Aber leider sollte die neue Schule nur wenige Jahre der evangelischen Jugend und ihrer Erziehung dienen. Die stürmische Entwicklung im Schulwesen des ganzen Landes brachte auch das Ende der Evangelischen Volksschule Gleidorfs. So war Lehrer Eibach der letzte Schulleiter, und mit dem Schuljahr 1969/70 endete eine 82-jahrelange Schulgeschichte, indem die Grundschulkinder aus Gleidorf - vorerst ohne Elternabstimmung - in einer "Grundschule Gleidorf" im Gebäude der früheren Katholischen Volksschule an der Kirchstraße Unterricht erhielten. Die Kinder des 5. bis 9. Schuljahres besuchten ab 1.8.1970 die provisorische Hauptschule Schmallenberg, die mit 1 Zug im Gebäude der evangelischen Schule und im Jugendheim in Gleidorf eine zwischenzeitliche Unterkunft fand. 1975-1982 waren noch die Kinder der Gemeinschaftsgrundschule Gleidorf Gast in den Mauern der evangelischen Schule an der Bahnhofstraße.


Grundschule Gleidorf 1971 - 1982

Mit Beginn des neuen Schuljahres 1970/71 fängt die Geschichte der Grundschule Gleidorf an. Sie wurde von 122 evangelischen und katholischen Kindern aus Gleidorf besucht. Eine Abstimmung darüber, ob die Schule eine Konfessionsschule oder eine Gemeinschaftsschule sein sollte, fand vorerst nicht statt. An der Schule unterrichteten: Herr Ermecke als Schulleiter, seine Frau Veroni, Herr Landsknecht und Annegret Löber von der Schule Schmallenberg, die evangelischen Religionsunterricht sowie Turn- und Schwimmunterricht erteilte. 1971 stieg die Schülerzahl auf 133, sank in den folgenden Jahren wieder über 130 im Jahre 1972 auf 119 Kinder im Jahre 1973 und 125 Kinder im Schuljahr 1974/75.

Zum 1.1.1975 entstand das vom Düsseldorfer Landtag am 27. Sept.74 durch Gesetz neugeschaffene Gebilde einer neuen Stadt Schmallenberg aus den bisherigen Ämtern Schmallenberg und Fredeburg. Gleidorf war jetzt ein Ortsteil der flächengrößten Gemeinde Nordrhein-Westfalens. Gleichzeitig wurde aus den bisherigen Kreisen Arnsberg, Brilon und Meschede der Hochsauerlandkreis mit Meschede als Kreisstadt gebildet. Auch schulisch brachte das Jahr 1975 Gleidorf einen wichtigen Schritt weiter. Sinkende Schülerzahlen gefährden die Zukunft einer Schule, vor allem dann, wenn in der Nähe größere Systeme die kleinen leicht schlucken können. Für Gleidorf war es daher wichtig, daß 1975 die zum 1.8.75 ihrer Schule in Holthausen verlustiggegangenen Grundschüler der Dörfer Holthausen und Huxel hinzukamen. Es warenGrundschule immerhin 44 Schulkinder, die die Gesamtschülerzahl der Grundschule Gleidorf auf 162 Kinder hochschnellen ließen. Mit den Kindern der Holthauser Grundschule wurde auch der dortige Schulleiter, Rektor Franz Klanitz, als Lehrer an die Grundschule Gleidorf übernommen, sozusagen als lebendes Inventar der dort aufgelösten Schule, die immerhin fast 200 Jahre bestanden hatte.

Mit 162 Schulkindern in 6 Klassenräumen begann 1975 in Gleidorf der Unterricht in zwei getrennten Schulgebäuden (Bahnhofstraße/Kirchstraße), mit Fahrschülern und ständig von einer Schule zu anderen pendelnden Lehrkräften und mit einem Fehlbedarf von 35 Wochenstunden. Im gleichen Schuljahr wurde das fällige Bestimmungsverfahren über den Charakter der neuen Grundschule durchgeführt. Die Erziehungsberechtigten der Schuljahre 1 - 3 und der Schulanfänger des folgenden Jahrganges wurden aufgefordert, durch Abstimmung darüber zu entscheiden, ob die Schule eine katholische Bekenntnisschule oder evangelische Bekenntnisschule, eine Gemeinschaftsschule oder Weltanschauungsschule sein sollte. Bei der Abstimmung im März 1976 entschieden sich die Eltern aus Holthausen/Huxel fast einstimmmig für eine katholische Bekenntnisschule, während in Gleidorf sich etwa ein Drittel der abgegebenen Stimmen für eine Gemeinschaftsschule und knapp zwei Drittel für eine katholische Bekenntnisschule entschieden. Aus diesem Ergebnis waren entsprechend den gesetzlichen Vorschriften die Voraussetzungen für einen geordneten Schulbetrieb für keine Schulart erfüllt, so daß eine Gemeinschaftsschule zu errichten war.

Fazit: Die Grundschule in Gleidorf war jetzt offiziell eine Gemeinschaftsgrundschule.

Nach der Zusammenlegung mit Holthausen/Huxel waren die räumlichen Zustände an der Grundschule Gleidorf nur durch die Mitnutzung der ev. Schule an der Bahnhofstraße erträglich. Eine Erweiterung , bzw. ein Neubau mit Turnhalle, war unumgänglich. Bereits 1977 drängte Rektor Kurt Ermecke als Mitglied des Schulausschusses darauf, mit der Planung eines Neubaues bald zu beginnen. Ein Jahr später berichtete der stellvertretende Stadtdirektor Weber dem Schulausschuß, daß ein städtischer Architektenwettbewerb vorbereitet werde. Vorgesehen seien ein Anbau von 3 Klassen, ein Mehrzweckraum und eine Turnhalle in den Maßen 12 x 24 m sowie eine Anzahl von Nebenräumen. Unter dem Datum vom 19.7.1978 wurden die Bedingungen für einen "Wettbewerb zur Erlangung von Vorentwürfen für die Erweiterung in Schmallenberg-Gleidorf" im "Hunau-Wilzenberger" veröffentlich. Sieger des Wettbewerbes war das Architekturbüro Werkgemeinschaft 66 in Meschede, dessen Planung weitgehend verwirklicht wurde.

Die Planungen zogen sich noch bis zum Jahre 1980 hin und erst am 13. Febr.80 begann die Firma König aus Westfeld mit dem Erdaushub für die neue Turnhalle. Die Maurerarbeiten wurden an die Firma Köster aus Schmallenberg vergeben, der Abbruch des Altbaues geschah durch die Firma Spiekermann aus Winkhausen. Die Erd- und Maurerarbeiten für den Schulneubau wurden von der Firma Burmann aus Westfeld durchgeführt. Die Arbeiten an der Turnhalle zogen sich bis Ende 1982 hin, das Schulgebäude war nach den Sommerferien 82 im wesentlichen vollendet.

Mit Wirkung vom 1.2.76 wurde Fräulein Dorothea Kramer aus Altenhundem als 5. Lehrkraft angestellt, zunächst nur mit 14 Wochenstunden, ab 1.8.76 mit voller Stundenzahl. vom 1.8.77 bis zum 1.8.80 arbeitete Diplom-Pädagoge Helmut Schneider, vorher an der Grundschule Kirchrarbach, in Gleidorf. Ihm folgte Fräulein Maria Kaup, jetzt verheiratete Maria Winzek, im Dienst. Im Sommer 1982 kam noch Lehrer Rainer Grimm aus Fredeburg zum Gleidorfer Kollegium. - Rektor Kurt Ermecke trat zum 1.8.1980 in den wohlverdienten Ruhestand und zog sich in sein neuerrichtetes Haus am Hügel zurück, nachdem seine Frau Veroni Ermecke bereits am 1.8.77 nach 11-jähriger Tätigkeit, vornehmlich in der Anfangsklasse, in den Ruhestand gegangen war.

Nachfolger von Kurt Ermecke und neuer Schulleiter wurde zum 1.8.80 der Lehrer Raimund Schulte aus Dortmund-Wickede, der zuletzt in Unna/Massen vornehmlich Kinder der Spätaussiedler und Umsiedler betreut hatte. Raimund Schulte führte die Grundschule Gleidorf durch die Bauphasen des Schulneubaues in den letzten beiden Jahren. Er durfte mit seinem Kollegium und rund 130 Schülern zum Schuljahresbeginn 1982/83 das neue Schulgebäude an der kirchstraße beziehen, dessen Einweihung der Anlaß zur Herausgabe dieser Schulgeschichte war.

Mögen die Kinder aus Gleidorf, Holthausen und Huxel durch diese Schule in das 3. Jahrtausend unserer Zeitrechnung geführt werden. Mögen sie dann rückblickend in diesem kleinen Büchlein noch eine Verbindung zu unserer Generation und denen, die vor uns waren, finden!

Aus der Publikation "Schulgeschichte des Ortes Gleidorf" zusammengestellt von Lehrer Franz Klanitz (1982)