5. Die Siedlungsgeschichte „An der Gleier“ von 1792 bis 1930
Die Lücken und Irrtümer, die sich hier auftun, lassen sich nur mit Hilfe der derzeitigen Eigentümer der Häuser und Grundstücke schließen, denn die Eintragungen im Grundbuch unterliegen dem Datenschutz. So bitte ich denn alle, die sachliche Fehler finden, um Rückmeldung. Die Familiengeschichten, die zu den jeweiligen Häusern gehören, konnte ich hier nur soweit anreißen, wie sie zur Erklärung des „so-geworden-seins“ beitragen.
Seit 1872 wurde die Ausstellung von Grundschuldverschreibungen gesetzlich in Preußen geregelt. Der Gläubiger erhielt einen unmittelbaren Zugriff auf das verpfändete Grundstück. Seine Rechte wurden gewissermaßen im Voraus eingetragen, so daß ihm im Falle einer Nichtzahlung durch den Schuldner ein Rechtsstreit erspart blieb. Bei Grundstücksverkäufen wurde von dieser Art der Finanzierung rege Gebrauch gemacht. Die häufigen Verkäufe und Versteigerungen von Haus, Grund und Boden – nicht nur in Gleidorf – im 19. Jahrh. zeigen, dass die privaten Geldverleiher (es gab noch keine Banken für solch kleine private Investitionen) von ihrem Geld Erträge erwarteten.
Ich habe nur wenige Grundbucheinträge (mit Vollmacht der Eigentümer) gesehen, habe aber den Eindruck, dass zumindest die Stadt die Grundstücke zunächst wie Lehen „verkauft“ hat. Nachdem ein „Antrittsgeld“ gezahlt war, musste jährlich ein „Grundzins“ gezahlt werden. Erst 1914 wurde die jährliche Zahlung durch eine „Einmalzahlung“ ersetzt.
Das war wohl – in gewissem Sinne - die Vorläuferin der Grundsteuer?
Die Besiedlung des Oberdorfes erfolgte im Wesentlichen entlang der Straße.
Allerdings orientieren sich folgende Siedlungsplätze nicht am Straßenverlauf, sondern an der Sicherung vor Hochwasser, bei gleichzeitigem Zugang zu Wasser: Haus Kurzawa, Hof Lingemann-Schmitte hat eine Wasserversorgung durch die Burbecke, Haus Siebert/Arens steht an der Ilsenbeke I, Haus Richter an der Ilsenbeke II auch das Haus Lübke stand über einer ca. 3m hohen Böschung, unter der unmittelbar die Gleier verlief, die im Zuge des Straßenbaues 1967 von dort verlegt wurde, außerdem bestand neben dem Haus ein Brunnen. Dies könnte ein Hinweis auf einen bereits vorher existierenden Siedlungsplatz sein.
Zwar folgten die Hausnummern bis 1930 nicht dem Straßenverlauf, aber sie erlauben eher eine durchgängige Orientierung als Hausnamen oder Gemarkungsnummern. Aber auch nach 1930 wurde die geordnete Nummernvergabe rasch wieder durch Hausabrisse, Grundstücksteilungen und ähnliches durchbrochen.
Die Hausnummern in Gleidorf wurden mehrfach geändert. Die erste Änderung erfolgte 1839/40. Die zweite Änderung vermag ich noch nicht genau zu datieren. Sie folgte aber sehr rasch vor der Gründung der Gemeinde Grafschaft und der Teilung des Großamtes Fredeburg 1843 in die Ämter Schmallenberg und Fredeburg. 1930 erfolgte dann die Einführung der Straßennamen mit neuer Nummerierung. Nach dem Straßenneubau der B511 ca. 1970 wurden die ungeraden Nummern neu vergeben, während die geraden Nummern erhalten blieben, was von 36b über 34a und bis zur Nr. 36 eine unlogische Reihenfolge ergibt.
Bis 1834 gab es Häuser bis zur Nummer 14 in Gleidorf. 1839 erhielt der Hof Lingemann-Schmitte die Nummer 16. 1839/40 wurden die Hausnummern geändert. Zum Beispiel: Haus Teipel tauschte mit Haus Störmann. Teipel wurde jetzt Nummer 2. Welche Gründe für diese Änderungen sprachen ist unklar. Ob der Straßenbau nach Schmallenberg, Fredeburg und Oberkirchen eine Rolle gespielt haben könnte? Vielleicht kamen auch Steuerklasse, Besitz- und Gemarkungsänderungen dazu.
Blick vom Wilzenberg über den Hügel auf Gleidorf „An der Gleier“ 1923. Haus Lorenz Lingemann Gleidorf 86 heute Am Hügel 3 steht im Rohbau.